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Ein irreführendes Argument in der Trennbankendebatte: der “Kundenbezug”

Banking separation
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MoneyBlogNewz (CC BY 2.0)

Für die, die an das Gute der Märkte glauben, gibt es eine sehr einfache Argumentskette für das Trennbankensystem:

  1. Die Investmentbanking-Aktivitäten der Universalbanken profitieren von einer impliziten – und vor allem ungerechtfertigten – Staatsgarantie;
  2. diese Subventionen verzerren ihre Aktivitäten und blähen die Finanzmärkte unnatürlich auf;
  3. eine Trennung würde diese ungerechtfertigten Subventionen vermindern.

Doch nicht jeder ist von einem Trennbankensystem überzeugt. Einige argumentieren, dass alle “kundenbezogenen” Aktivitäten innerhalb der subventionierten Bank verbleiben sollten, und somit innerhalb einer Bank, die staatliche Unterstützung einfordern kann, wenn sie in Schwierigkeiten gerät. Sie sagen, dass alle Vorschläge für ein Trennbankensystem nur solche Tätigkeiten abtrennen sollten, die keinen Kundenbezug haben.

Das wäre ein großer Fehler.

Das Problem ist, dass fast alle Bankgeschäfte “kundenbezogen” sind. Wenn man dieses Kriterium benutzt, wird tatsächlich kaum etwas abgetrennt und auch solche Tätigkeiten, die in einer Marktwirtschaft eigentlich auf eigenen Füßen stehen sollten, würden weiter staatlich gefördert.

Um zu entscheiden, welche Bankaktivitäten abgetrennt werden sollten, wäre ein anderes Kriterium weitaus sinnvoller: die Gefahr, die ihr Scheitern für die Gesellschaft darstellt. Auf dieser Grundlage sollten die Einlageninstitute, die sich um unsere Gehalts- und Ratenzahlungen, betriebsnotwendiges Kapital von Unternehmen etc. kümmern und deren Zusammenbruch enorme Schäden verursachen könnte, von allen Markt- und Handelsaktivitäten getrennt werden, deren Ausfall nicht solche katastrophalen Auswirkungen hätte. In unserem Webinar unter dem Titel “What large banks do” und in unserem Argumentationspapier für ein Trennbankensystem erläutern wir ausführlich, warum einige Markt- und Handelsaktivitäten zwar nützlich für die Wirtschaft sind, aber nicht vom Staat geschützt und subventioniert werden sollten.

Um zu verstehen, warum der “Kundenbezug” das falsche Kriterium ist, um zu entscheiden, ob eine Aktivität staatlicher Unterstützung bedarf oder nicht, muss man nur ein paar kundenbezogene Tätigkeiten betrachten, die im Jahr 2007 äußerst beliebt waren. Constant Proportion Debt Obligations (CPDOs), die als “das Aushängeschild für die Exzesse des Financial Engineering” gelten, haben “Kundenbezug”, ihre große Rentabilität verdankten sie der impliziten staatlichen Subventionierung. Collateralized Debt Obligations (CDOs), synthetische CDOs und CDO-squared, allesamt hochkomplexe Finanzinstrumente von Banken, die im Mittelpunkt der Krise standen, sind auch „kundenbezogen“. Wie CPDOs wird ihre Rentabilität künstlich erhöht durch die Subventionen, die Banken bei ihrer Refinanzierung erhalten. Wenn Banken einen Swap, der in irgendeiner Weise mit landwirtschaftlichen Rohstoffen verknüpft ist, an einen Hedge-Fonds verkaufen und dabei Ressourcen zur Spekulation freigeben und langfristige Investitionen verhindern, gilt auch dies als kundenbezogene Tätigkeit. Tatsächlich haben alle OTC-Derivate, die insgesamt einen Wert von rund 600 Milliarden US-Dollar ausmachen, per Definition „Kundenbezug“, nicht nur die 10%, die mit der Realwirtschaft in Verbindung stehen.

Und noch einmal in aller Deutlichkeit: “Kundenbezug” haben so ziemlich alle Bankgeschäfte, die guten wie die schlechten, daher hilft dieses Kriterium nicht bei der Unterscheidung zwischen dem, was gerettet werden sollte und was nicht. Mit einer Trennung auf dieser Grundlage erreicht man so gut wie nichts. In der Tat hat ein führender französischer Banker eingeräumt, dass von der im vergangenen Jahr in Frankreich angekündigten Bankenstrukturreform weniger als 1% ihrer jeweiligen Bankgeschäfte betroffen wären. Deutschland plant eine sehr ähnliche Reform, auf die wohl das Gleiche zutreffen wird, wie wir in unserer Analyse festgestellt haben.

Gesetzesvorschläge, die das Kriterium des “Kundenbezugs” für die Trennung verwenden, erreichen einerseits kaum etwas, anderseits ist es für Aufsichtsbehörden äußerst mühsam und zeitaufwendig, eine exakte Linie zwischen Kundenbezug und dem so genannten Eigenhandel zu ziehen. Diese Erfahrung machen die US-Gesetzgeber gerade mit ihrer Volcker Rule.

Der “Kundenbezug”-Ansatz ist eine gute Nachricht für Banken, die die Subventionen für ihre Finanzierung maximieren wollen, aber für alle anderen macht es wenig Sinn. Wesentlich effektiver ist, Bankenaktivitäten danach zu unterscheiden, ob sie geschützt werden müssen, wenn eine Bank in Schwierigkeiten gerät, oder eben nicht.

Die von Erkki Liikanen geführte Expertengruppe der EU-Kommission hat sich sehr deutlich dafür ausgesprochen, dass wir uns darauf konzentrieren sollten, die Einlagengeschäfte der Banken von ihren Marktaktivitäten zu trennen. Wir sollten auf sie hören.

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