Neue Regeln für Kredite – Maßnahmen gegen private Überschuldung

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Gerade hilfsbedürftige Menschen bekommen oft nur ausbeuterische Kreditangebote, kritisiert Experte Benoît Lallemand – und nennt Maßnahmen, die Verbraucher schützen könnten.

Hinweis: Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Frankfurter Rundschau Kolumne „Gastwirtschaft“.

Private Überschuldung und Ungleichheit haben seit Ausbruch der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise in vielen Ländern zugenommen. Immer mehr Menschen nehmen ein Darlehen auf, um den Alltag zu meistern oder finanzielle Engpässe zu überbrücken. Problematisch ist dabei, dass viele Kreditverträge absichtlich schwer verständlich sind und unfaire Bedingungen stellen.

Gerade hilfsbedürftige Menschen bekommen oft nur ausbeuterische Kreditangebote. Einige Darlehen sind so konzipiert, dass sich Kreditnehmer schnell in einer Schuldenspirale wiederfinden, aus der es kaum ein Entkommen gibt. Dies gilt insbesondere für viele Kurzzeitdarlehen inklusive Dispokrediten. Daher ist dieses Kundensegment für Kreditgeber auch deutlich lukrativer. Wie Forscher und Schuldnerberater zeigen, stößt die Frage nach dem „Recht auf Kredit“ zwangsläufig auf das andere große Kreditproblem: das Risiko der Überschuldung.

Es scheint daher sinnvoller, sich zuallererst mit den Ursachen der finanziellen Schwierigkeiten von Haushalten zu beschäftigen, die regelmäßig kurzfristige Kredite zur Ergänzung des Niedriglohns und zur Bewältigung hoher Lebenshaltungskosten in Anspruch nehmen, und wirksame Maßnahmen zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten zu ergreifen. Ergänzend dazu sollte der Rahmen für ein echtes „Recht auf einen geeigneten und erschwinglichen Kredit“ neu definiert werden. Die Europäische Kommission könnte dies mit einer Überarbeitung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie im nächsten Jahr angehen.

Es gibt viele einfache Maßnahmen, die wesentlich zum Schutz der Kreditnehmer beitragen würden: strengere Vorschriften für Werbeversprechen, eine Begrenzung des effektiven Jahreszinses, Schutz vor unangemessenen Gebühren, ein Verbot gefährlicher Kreditangebote durch Festlegung objektiver Kriterien, ein Verbot des Kreditgeschäfts bei ungebetenen Vertreterbesuchen und eine Verbesserung der Anforderungen an die Bonitätsbeurteilung, die sich hauptsächlich auf die Einnahmen und Ausgaben des Kreditnehmers und seinen Haushaltssaldo stützen sollte.

Die Europäische Union schützt ihre Bürger vor Chemikalien und Arzneimitteln mit toxischen Eigenschaften, warum sollte sie nicht ähnlich hohe Maßstäbe für toxische Verbraucherkredite anlegen?

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Verfasser*in

Benoit Lallemand

Generalsekretär

Über den/die Verfasser*in

Benoît Lallemand ist Generalsekretär von Finance Watch. Er kümmert sich um Strategie, Fundraising und vertritt die Organisation in der Öffentlichkeit.

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