COVID-19: Folgen für die Finanzwelt, Wirtschaft, Mensch und Umwelt

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Zusätzlich zu einer schlimmen Gesundheitskrise hat der Ausbruch von COVID-19 zu einer Wirtschaftskrise geführt, die massive Arbeitsplatzverluste und Kreditausfälle mit sich bringt und viele Unternehmen in den Bankrott treibt. Doch anders als in den Jahren 2007/08, als die Finanzmärkte selbst Auslöser waren, ist noch ungewiss, wie stark sich die wirtschaftliche Rezession auf den Finanzbereich auswirken wird. War die schnelle Reaktion der Regulierungsbehörden genug, um Schlimmeres zu verhindern? Können Banken und Finanzmärkte die Krise überwinden? Und wie können wir eine Welle der privaten Überschuldung verhindern?

Anm.: Dieser Beitrag ist die Übersetzung der Einleitung zu einer Reihe von Beiträgen über die Covid-19-Krise, die ursprünglich in englischer Sprache auf der Webseite von Finance Watch erschienen ist.

Mit einer Reihe von Artikeln und Analysen (auf English), die weiter unten auf dieser Seite verlinkt sind, beleuchtet Finance Watch die möglichen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Finanzwelt, Wirtschaft, Menschen und Umwelt.

Gerade inmitten des gegenwärtigen Krisenmanagements dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Um stärker und widerstandsfähiger aus der Krise hervorzukommen, müssen Finanzregulatoren und -aufsichtsbehörden sicherstellen, dass die notwendige Unterstützung, die sie den Finanzinstituten in der Krise geben, der Gesellschaft insgesamt und nicht nur Privatinteressen zugutekommt.

  • Bereits Anfang März haben wir Bankenaufsicht und Politiker gewarnt, dass eine Lockerung der Bankenregulierung und -aufsicht das Risiko einer Finanzkrise inmitten einer Gesundheitskrise weiter erhöhen würde.
  • Seitdem wurden von den europäischen Bankenaufsehern und Gesetzgebern viele Maßnahmen ergriffen, die im akuten Krisenmanagement Sinn machen.
  • Dennoch sind einige Vorschläge beunruhigend, beispielsweise der, die Anwendung des Rechnungslegungsstandards IFRS9, mit dem das Ausmaß der Kreditverluste genau gemessen werden kann, um zwei Jahre hinauszuzögern. Wenn man das Thermometer zerschlägt, weiß man nicht, ob der Patient Fieber hat. Mehr dazu in unserer Analyse des Corona-Bankenpakets.
  • Die massive Unterstützung des Bankensektors durch die EZB wirft ebenfalls Fragen auf: Der Einsatz dieser unkonventionellen Geldpolitik”, bei der anstelle eines gemeinsamen finanzpolitischen Maßnahmenpakets vielmehr Finanzmittel vom Bankensektor an die Realwirtschaft weitergereicht werden sollen, ist möglicherweise nicht die effizienteste Verwendung öffentlicher Gelder.

  • Die Finanzmärkte sind aktuell von einem starken Preisverfall und einer hohen Volatilität betroffen. Ausgelöst wurde dies einerseits durch negative Nachrichten und anderseits dadurch, dass es im aktuellen Kontext extrem schwer ist, Wirtschaftsprognosen zu treffen. Das Risikomanagement von Finanzderivaten wird somit besonders heikel, was sich wiederum negativ auf die Derivatemärkte auswirken könnte. Die Aufsichtsbehörden sollten die Situation sehr genau beobachten.
  • Es gab auch eine Debatte über die komplette Schließung der FinanzmärkteTrotz aller Unvollkommenheiten der Finanzmärkte und ihres derzeit chaotischen Verhaltens würde es unserer Ansicht nach mehr kosten, die Finanzmärkte inmitten einer Krise zu schließen, als sie geöffnet zu lassen.

  • Es sieht sehr danach aus, dass die vorgeschlagenen Konjunkturpakete letztendlich zur Rettung vieler hochverschuldeter Unternehmen führen. Schon vor der Corona-Krise war die Weltwirtschaft alles andere als robust. Angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie scheint es kaum vorstellbar, dass die Politik eine Systemkrise riskieren würde, indem sie hochverschuldete Unternehmen pleite gehen lässt. Diese “Zombie-Firmen” werden wahrscheinlich einen neuen Aufschwung erleben – zumindest vorläufig. Diese Rettungsaktionen lösen jedoch das zugrundeliegende Problem nicht: Da die Zinsen wahrscheinlich länger niedrig bleiben, wird die Versuchung für Unternehmen, sich „billige“ Schulden aufzuladen, so groß sein wie eh und je.
  • Eins ist sicher: Die Corona-Krise hat uns die Fragilität unserer Wirtschafts- und Finanzsysteme vor Augen geführt. Wenn die Pandemie unter Kontrolle ist, wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass Politiker die Konjunkturprogramme dazu nutzen, den Weg zu einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem zu ebnen.

  • Der Einkommensverluste und die Aufnahme zusätzlicher Kredite, um diese Krise zu überstehen, könnten zu einer massiven Zunahme der privaten Überschuldung in Europa führen. Hier sind unsere Vorschläge, wie das vermieden werden kann.
  • Tatsächlich ist es für Menschen, die bereits jetzt in finanziellen Schwierigkeiten sind, was europaweit fast ein Viertel der Haushalte betrifft, wenig hilfreich, dass sie sich verschulden müssen, um die Krise zu überleben. Wenn die Finanzwirtschaft der Gesellschaft dienen sollen, sollten wir die Schuldenlast jener Menschen verringern, z.B. durch Moratorien, zusammen mit umfassenderen Maßnahmen zur Mindestgrundversorgung für alle Bürger Europas.
  • Die dramatischen Auswirkungen, die diese neue Gesundheits- und Wirtschaftskrise auf die Schwächsten in der Gesellschaft hat, sind ein weiterer trauriger Beweis dafür, dass wir den Schutz privater Kreditnehmer und den Zugang zu Finanzdienstleistungen für ausgeschlossene Gruppen EU-weit dringend verbessern müssen. Unsere Studien von Anfang dieses Jahres zeigen dies deutlich.

  • Das massive Konjunkturprogramm, dass die EU wegen COVID-19 auf den Weg bringen will, birgt die Möglichkeit, Umweltziele in unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik fest zu verankern. Der Verlust der Natur wird uns viel mehr kosten als die Corona-Krise, wenn wir nicht schnell genug handeln. Mit dem Corona-Konjunkturprogramm und dem europäischen Green Deal könnten wir die Wirtschafts- und Umweltkrise gleichzeitig angehen.
  • Kürzlich haben wir einen Bericht unter dem Titel Nature’s Return” zum Thema Finanzierung & Biodiversität veröffentlichtWir hoffen, dass Politiker*innen unsere wichtigsten Erkenntnisse und Empfehlungen für ein echtes “grünes Konjunkturprogramm” berücksichtigen werden.

Charlotte Geiger

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Verfasser*in

Charlotte Geiger

Ehemalige Leiterin Kommunikation und Netzwerke

Über den/die Verfasser*in

Als Leiterin des Kommunikationsteams beaufsichtigte Charlotte die Kommunikation und Kampagnen von Finance Watch und koordinierte die verschiedenen Netzwerke, von denen diese abhängen.

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