Finanzkrisen als Normalität? Reform des Finanzsektors nötig

0

Immer wieder müssen Aufsichtsbehörden und Zentralbanken eingreifen, um die nächste verheerende Finanzkrise zu verhindern. Das kommt uns enorm teuer zu stehen. Es ist an der Zeit, das Finanzsystem wieder in den Dienst der Menschen zu stellen.

Hinweis: Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Frankfurter Rundschau Kolumne „Gastwirtschaft“.

Bildrechte: © Renate Hoyer

Im März gerieten drei Banken in eine schwere Krise, weitere taumeln bis heute. Fast 15 Jahre nach der globalen Finanzkrise ist unser Bankensystem weiterhin anfällig. Regelmäßige Finanzkrisen sind Normalität.

Die jüngsten Bankenkrisen bis hin zur Credit Suisse sind keine Einzelfälle. Schon 2022 musste die Bank of England fast 65 Milliarden Pfund (rund 73 Milliarden Euro) für Anleihenkäufe zur Rettung von Pensionsfonds bereitstellen. Als die Börsen zu Beginn der Pandemie einbrachen, richtete die Europäische Zentralbank (EZB) ein Notprogramm über 750 Milliarden Euro ein, stockte es dann auf 1850 Milliarden Euro auf.

2019 wurde die Nord/LB vom Staat gerettet. Die Gründe dafür? Nach dem Crash von 2008 versprachen die Regierungen weltweit strengere Regeln, um das Bankensystem zu stabilisieren und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Doch die verantwortlichen Politiker:innen brachen diese Versprechen, immer wieder hielten sie dem Druck der Finanzlobby nicht Stand.

In der EU wurden deshalb wesentliche Vorhaben bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht, obwohl diese in der akuten Finanzkrise von praktisch allen Seiten große Zustimmung gefunden hatten. Beispiele dafür sind die gescheiterte Trennung von Investmentbanking und normalem Bankgeschäft sowie die Eigenkapitalausstattung. Noch heute arbeiten größere Banken mit nur etwa vier bis fünf Prozent eigenem Kapital, das als Puffer bei Verlusten dient. 95 Prozent werden dagegen mit Schulden finanziert.

Immer wieder müssen Aufsichtsbehörden und Zentralbanken deshalb eingreifen, um die nächste verheerende Finanzkrise zu verhindern. Doch diese Krisenfeuerwehr kommt uns enorm teuer zu stehen.

Nötig ist eine neue, ehrgeizige Reform des Finanzsektors, die uns aus dem ständigen Krisenmodus hinausführt. Das kann nur auf europäischer Ebene erfolgen. Spätestens die Wahl des Europäischen Parlaments im nächsten Jahr könnte den Reformimpuls geben, wenn Bürgerinnen und Bürger von den Parteien einfordern, sich nicht mehr nach den Wünschen der Finanzlobby zu richten.

Es ist an der Zeit, das Finanzsystem wieder in den Dienst der Menschen zu stellen.

0 Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar
0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

Ihre Email-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * gekennzeichnet.

2022_Finance-Watch-Team-Member_Benoit-Lallemand_400x400_acf_cropped-252x252
Verfasser*in

Benoît Lallemand

Generalsekretär

Über den/die Verfasser*in

Benoît Lallemand ist Generalsekretär von Finance Watch. Er kümmert sich um Strategie, Fundraising und vertritt die Organisation in der Öffentlichkeit.

Die Kolumne wurde gemeinsam mit Gerhard Schick, Vorstand von Finanzwende e.V., verfasst.

Navigation

Verwandte Tags

Ähnliche Artikel

Unser Newsletter

Die wichtigsten Mitteilungen direkt in Ihr Postfach

Das Blog für eine Finanzwirtschaft, die der Gesellschaft dient Newsletter